Guenter Mallmann – Fachjournalist im DJV

Viele offene Ohren für die Kunden

Mit drei großen, vernetzten Call-Centern sichert E-Plus ein Optimum an Auskunftsbereitschaft - "Best Routing" sorgt für die Verbindung zum kompetentesten verfügbaren Agenten

Die Handy-Welle rollt ungebrochen. Allein beim Düsseldorfer Anbieter E-Plus wächst der Bestand von derzeit etwa 6,6 Millionen Verträgen jeden Monat um weitere 200.000 Teilnehmer. Und längst nicht jeder alte oder neue Kunde ist in der Lage, das vielfältige Leistungs-Angebot des Anbieters auszuloten. Denn das reine Telefonieren ist ja bei weitem nicht mehr alles. Da bleiben viele Fragen, auf die die service-betonte Gesellschaft nur zu gern Antwort gibt. Dazu unterhält sie drei riesige Call Center mit zusammen rund 900 Agenten. Dass jeder Anrufer schnell Verbindung zu einem qualifizierten Agenten erhält, hat mit den Kommunikationssystemen im Hintergrund zu tun. Sie kommen von der Lucent-Tochter Avaya.

Als E-Plus startete, das war 1994, hatten die Giftgrünen vom Niederrhein ganz schön zu kämpfen gegen die schon etablierten Wettbewerber in den D-Netzen: Ihre flächenmäßige Abdeckung der Republik war natürlich zunächst einmal nicht vergleichbar, und in Sachen "international roaming" gar herrschte Fehlanzeige - zumindest in Europa. Der Standard des E-Netzes (1.800 MHz) war inkompatibel zur 900 MHz-Technologie der D-Funker in den Ländern der Gemeinschaft. Vorteile hatte E-Plus in Sachen standby-Zeit der Geräte (weil die E-Telefonie mit wesentlich geringerer Leistung operiert) und bezüglich der Qualität der Sprachverständigung. Kompensation für diese Nachteile suchte der Hersteller vor allem in seiner höheren Service-Qualität. Wer Fragen oder Probleme hatte, erreichte (und erreicht noch immer!) fast beim ersten Klingeln einen kompetenten Mitarbeiter des Anbieters. Kompensation suchte und fand E-Plus übrigens auch auf anderem Gebiet: Mit der "Erfindung" der Prepaid-Karte "free and easy" erschloss der Anbieter eine gänzlich neue Klientel.

Die Schwachpunkte der ersten Jahre sind längst Geschichte. Die E-Plus GmbH & Co. KG ist inzwischen auch auf dem letzten Hochstand im Bayerischen Wald zu empfangen, international roaming ist dank der Dual-Band-Handys und eines umfassenden Geflechtes von internationalen Abkommen mit Mobilfunkanbietern im GSM-900-Standard auch kein Problem mehr. Was geblieben ist, ist der hohe Stellenwert der Service-Bereitschaft.

"Die telefonische Erreichbarkeit ist unser wichtigstes Argument"

"Tatsächlich ist in unserer Sicht die mühelose Ansprechbarkeit unserer Service-Mitarbeiter das wichtigste Argument für unseren anhaltenden Erfolg", meint Volker Franzmeier. Der diplomierte Elektroingenieur (Schwerpunkte: Nachrichtentechnik und Informationsverarbeitung) ist im Hause E-Plus verantwortlich für die Technik der Call Center. Da hat er ganz schön zu tun, denn E-Plus will seinem dynamisch wachsenden Kundenstamm sozusagen auf allen Kanälen immer ein offenes Ohr bieten. Für Franzmeier ist es zum Beispiel keine Frage, dass sein Unternehmen demnächst auch die Möglichkeit anbietet, mit einem kompetenten Mitarbeiter vom heimischen PC aus per Internet zu "chatten" oder aus dem E-Plus-Internet-Portal heraus direkt einen Anruf zu starten.

Als Franzmeier vor rund vier Jahren bei E-Plus eintrat, gab es ein Call Center in Mülheim/Ruhr. Es ist gerade umgezogen ins nahe Essen in einen hochmodernen High-Tech-Bürokomplex. Daneben gibt es inzwischen vergleichbare Call-Center in Köln und Potsdam. Wobei der letztgenannte Standort ausschließlich Händlern vorbehalten ist. Dort kümmern sich rund 300 Agenten um die Probleme und Anforderungen der Vertriebspartner.

Auf den Gehaltslisten für Essen und Köln stehen weitere 600 bestens ausgebildete Agenten, die in ihrer Qualifikation unterschiedlichen Kundensegmenten zuzuordnen sind. Da gibt es Agenten, die sich um die Geschäftskunden kümmern (ein Bereich, den E-Plus zur Zeit energisch ausbaut), weitere, die sich mit den Fragen und Problemen der "normalen" Kunden bestens auskennen, und solche, die auf knifflige technische Fragen Antwort wissen. Die insgesamt 900 Agenten nehmen pro Tag bis zu 30.000 mal den Hörer auf.

"Die Avaya G3R Definity ist fast grenzenlos erweiterbar"

Von Anfang an betrieben die Düsseldorfer diese wichtige Kontaktstelle mit ihren Kunden mit Hilfe einer technologischen Partnerschaft mit Lucent. "Lucent war schon, als ich ins Unternehmen eintrat, unser Generalunternehmer in Sachen Kundentelefonie, daran hat sich auch nichts geändert, auch nicht dadurch, dass das jetzt Avaya ist", bestätigt Franzmeier. Und: "Ändern musste sich auch im Grunde nichts, denn die Technik von Lucent/Avaya lässt sich in weitem Rahmen an die Bedürfnisse anpassen". Natürlich ist die ursprüngliche Mülheimer ACD-Anlage Lucent G3R Definity (ACD: automatic call distribution) entsprechend aufgerüstet worden. Sie arbeitet im Verbund mit drei weiteren Systemen: einer CTI-Anlage, einem IVR-System und einem outbound-dialer.

Während das IVR-System (IVR: interactive voice response) ein originäres Avaya-Produkt ist, sind die CTI-Anlage (CTI: computer-telephony-integration) und der "Power Dialer" Fremdprodukte. Das schöne dabei: Alle Systeme werden von Avaya gewartet. "Avaya hätte für diese Funktionen eigene Produkte anbieten können, wir haben uns aber für Fremdprodukte entschieden - und dennoch übernimmt Avaya vollverantwortlich die Betreuung dieser Komponenten. Das ist der Vorteil einer Generalunternehmerschaft", freut sich Franzmeier.

Was leistet das komplexe Gesamtsystem für E-Plus?

Die Kundschaft hat, je nach Vertragsgestaltung (free and easy, Bestandskundschaft und Geschäftskunden) Zugang zum Call Center über eigene Rufnummern. Mit Hilfe des IVR-Systems wird die spezifische Fragestellung des Anrufers "vorsortiert" und über die ACD-Anlage an den nächst verfügbaren Agenten weiter geleitet, der für die Beantwortung der vorab eingegrenzten Frage qualifiziert ist. Dem/der Agent/in wird im Zusammenwirken mit dem CTI-System automatisch am Bildschirm der Datensatz des Anrufers bereit gestellt. Damit wären im Prinzip die optimalen Voraussetzungen für die Abarbeitung des Anrufs geschaffen.

"Das Routing-Geheimnis verblüfft uns immer wieder"

Aber Avaya geht einen Schritt weiter: "Best service routing" heißt die Einrichtung und ist in den Augen von Franzmeier der unvergleichliche Vorzug dieser Lösung. "Wie es gemacht wird, ist ein großes Geheimnis, ähnlich der Formel für Coca Cola, aber es funktioniert verblüffend gut", staunt er. Es geht dabei darum, dass das System an Hand einer undurchschaubaren Reihe von Parametern und interner Algorhythmen dafür sorgt, dass Anrufe tatsächlich an den jeweils besten verfügbaren Agenten durchgestellt werden. Dabei ist es unerheblich, ob dieser absolute Fachmann oder diese absolute Fachfrau im Essener oder Kölner Call Center Dienst macht. "Ganz egal wie und für den Anrufer völlig unbemerkt, das System findet diesen oder diese!" In einem Nebensatz muss hierbei erwähnt werden, dass die beiden endkundenorientierten Call Center völlig redundant ausgelegt sind. Selbst dann, wenn eines völlig ausfiele, würde damit der Service-Betrieb nicht zum Erliegen kommen.

Während bislang nur die Rede war von eingehenden Gesprächen in den im Grund identischen drei Call Centern, gibt es auch einen Bedarf an ausgehenden Gesprächen. Da handelt es sich um die gleichsam ritualisierten "Welcome"-Anrufe für Neukunden, um Anrufe bei Vertragsende mit dem Ziel, den Kunden für eine Verlängerung (und damit für den subventionierten Erwerb eines neuen Handys) zu gewinnen oder schlichtweg um Telefonakquisition.

Dafür stellt das System täglich Hunderte oder auch Tausende von Telefonnummern bereit, die automatisch vom "Power Dialer" angerufen werden. Sobald sich ein Teilnehmer am andern Ende der Leitung meldet, erscheinen dessen Daten (soweit verfügbar) auf dem Bildschirm des nächsten freien Agenten, der damit sofort in der Lage ist, den Angerufenen mit Namen zu begrüßen und mit ihm in das vom Bildschirm vorgegebene Gesprächsthema einzusteigen.

"Einen Ausfall kann ich mir nur schlecht vorstellen"

Einen Ausfall oder auch nur eine nennenswerte Einschränkung der Verfügbarkeit der drei Zentren hat Franzmeier in seinen vier Jahren Zugehörigkeit zum Unternehmen noch nicht erlebt. Das kann er sich auch nur schwer vorstellen, denn "erstens sind alle wichtigen Baugruppen nach dem strengen Avaya-Prinzip doppelt vorhanden, zweitens sind die Zentren so miteinander verknüpft, dass sie sich gegenseitig automatisch Backup bieten und drittens ist der Service durch den Lieferanten so organisiert, dass Systemkomponenten schon beim ersten Schwächeanzeichen ausgetauscht werden."

Die Spezialisten von Avaya sieht er demnach höchst selten: "Kleine Anpassungen und Erweiterungen können wir selbst erledigen, das System ist in seiner Architektur so transparent, dass uns das nicht den Anruf bei Avaya wert wäre!" Da hat er Recht: Ein Anruf bei Avaya in München wäre ein richtig teueres Ferngespräch - unabhängig davon, dass der Avaya-Techniker aus dem nahen Düsseldorf angefahren käme...

© Günter Mallmann
Februar 2001